Der Pavillon
Manche Bauwerke haben keinen praktischen Zweck, die Engländer bezeichnen solche Zierbauten vortrefflich als Follies (Narreteien), denn es hat schon etwas Verrücktes, etwas errichten zu lassen, nur um es etwa aus der Ferne betrachten zu können. Sichtachsen benötigen aber Fluchtpunkte und Spaziergänger müssen in gewisse Richtungen gelockt werden. Auch Grotten, wilde Schluchten, wackelige Kettenbrücken oder verwunschene Bacheinschnitte erfüllten lediglich den Zweck, sie pochenden Herzens aufzusuchen, tapfer hinter sich zu lassen, um sich nach derartigen Abenteuern im hellen Licht des geordneten Parks wiederzufinden.
Ein Klassiker ist der Pavillon, sei es nun ein runder Monopteros, ein Tempelchen, ein Teehaus, ein ganzer Weiler oder bloss eine kleine Hütte. Wie etwa:
Der Inseltempel von Pashley Manor Gardens
Der Tempel der Pomona in Kew Gardens
Der luftige Bau am See in Hever Castle
Eine versteckte Pyramide im Schlosspark von Caserta
Der gitterbedachte Monopteros in der Villa Ruffolo
Der Rosenkäfig des Palazzo Cappello Malipiero Barnabò
Ein Pavillon fehlte im Garten der Lilien noch...
Als der Jardin des Lys im Jahre 2015 ein neues Schwimmbecken erhielt (siehe "Die Operation" und eigentlich auch eine "Folly"), stellte sich auch bald die Frage nach einer Abdeckung des Wassers gegen Wärmeverlust und übermässigen Eintrag von Blättern und sonstigen Fremdkörpern. Könnte man nicht die Abdeckung unter einem Pavillon verstecken, anders gesagt, den Pavillon im Schwimmbeckenbudget unterbringen? Seit Sommer 2015 wurde gezeichnet, geplant, berechnet. Nun war es im März 2017 endlich soweit. Der PAVILLON DU JARDIN DES LYS wurde aufgestellt! Die offene Konstruktion ist ein Zugeständnis an Bauvorschriften. So ist es eine Rankhilfe für Kletterpflanzen und damit Teil der gärtnerischen Ausgestaltung.
Erreichbar über einen verschlungen Pfad, vorbei am gotischen Taufbecken...
dann am Mammutbaum, ja, dem, der in die Kanalrohre des Schwimmbeckens gewachsen war.
ein kurzer Blick nach oben...
Sorgsam wurden bereits allerlei Schling- und Kletterpflanzen gesetzt. Efeu, Kletterhortensien, Wilder Wein, Glyzinien, Geissblatt, eine duftende Kletterrose und Clematis werden das metallene Gerüst sicher rasch erobern und den gewünschten verwunschenen Charakter herstellen.
Zuerst war das Teil ein Fremdkörper, doch mit fortschreitendem Pflanzenwachstum fügt sich das 4,80 x 3,60 Meter messende Konstrukt doch schon ganz gut ein.
Aber auch der Ausblick vom neuen "Ausguck" hat was.